Die Erklärung "Falschbehauptungen zum Promotionsverfahren von Prof. Dr. Christian Drosten", die die Goethe-Universität heute zum diesjährigen Schiller-Redner veröffentlicht, klärt keine der Ungereimtheiten, sondern wirft neue Fragen auf.
"Falschbehauptung": Die Dissertation "wäre nicht auffindbar, bzw. diese sei vor 2020 nicht zugänglich gewesen und dementsprechend nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden".
"Widerlegung": Das sind "frei erfundenen Behauptungen". Denn:
»Im Universitätsarchiv befindet sich eine allgemein zugängliche "Originalkopie" der Dissertation… Zusätzliche Exemplare der Originaldissertation von Prof. Drosten sind… seit 2020 in der Frankfurter Universitätsbibliothek sowie in Kopien in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) verfügbar, da es im Verlauf des Jahres 2020 aufgrund der stark gestiegenen Prominenz von Herrn Drosten in der Universitätsbibliothek vermehrt zu Anfragen nach seiner Dissertation kam.«
Probleme: Der Begriff "Originalkopie" ist erläuterungsbedürftig. Die Lagerung eines solchen Objekts im Archiv wird kaum als Veröffentlichung gelten können. Erstmals zugänglich gemacht und damit veröffentlicht wurde das in Frage stehende Werk 2020. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um "Exemplare der Originaldissertation" handelt.
Neue Fragen:
(1) Das Exemplar von Herrn Drosten
»Das zu diesem Zeitpunkt einzige im Fachbereich verbliebene Originalexemplar der Dissertation [wurde] zunächst darauf geprüft, ob es für den Leihverkehr noch geeignet war… Daran [bestanden] aus konservatorischen Gründen Bedenken… Die Goethe-Universität [hat] Herrn Drosten persönlich darum gebeten, ihr ein weiteres Exemplar der Dissertation für den Leihverkehr und zur Anfertigung weiterer Papierkopien zur Verfügung zu stellen. Dieser Bitte ist Herr Drosten dankenswerterweise umgehend nachgekommen.«
Für die "Bedenken aus konservatorischen Gründen" wurde am 10.7. vom Pressesprecher der Goethe-Universität ein Wasserschaden angeführt:
»Aufgrund eines Wasserschadens in weiten Teilen des Universitätsklinikums vor wenigen Jahren, von dem auch das Archiv des Promotionsbüros betroffen war, konnte keines der damals von Herrn Drosten im Dekanat eingereichten Pflichtexemplare dafür noch herangezogen werden.«
Auch hier sei zunächst unterstellt, das genannte "Archiv des Promotionsbüros" habe das "einzige im Fachbereich verbliebene Originalexemplar" enthalten. Der in Frage kommende Wasserschaden ist ein Vorfall vom 14.8.2014.
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- Warum wurden nicht spätestens dann konservatorische Überlegungen angestellt, um die Universitätsbibliothek, aber auch die Deutsche Nationalbibliothek, mit einer Kopie zu versorgen?
- Warum wurde die "Originalkopie" aus dem Universitätsarchiv nicht dafür herangezogen?
- Wer hat auf welcher (rechtlichen) Grundlage die Feststellung vorgenommen, das von Herrn Drosten übersandte Exemplar und das konservatorisch bedenkliche "erwiesen sich nach Prüfung als inhaltlich identisch"?.
- Wieso wurde "das noch im Fachbereich befindliche Originalexemplar… in die Promotionsakte übernommen"? Was hat sich dort zuvor befunden? Ist es üblich, ein konservatorisch bedenkliches Schriftstück 17 Jahre nach Abschluß des Verfahrens einer Promotionsakte zuzufügen?
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(2) Die Pflichtexemplare
Aussage der Goethe-Universität:
»Zur Klarstellung: Nach der damals geltenden Promotionsordnung war keine Abgabe von Pflichtexemplaren an die Universitätsbibliothek sowie die DNB erforderlich… Auch seitens des Fachbereichs bestand zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur Abgabe von Exemplaren an die Universitätsbibliothek und DNB.«
Bestimmung der Promotionsordnung:
»2.3 Vollzug der Promotion
§ 12
Veröffentlichung
(1) Nach erfolgreichem Abschluß des Prüfungsverfahrens hat der/die Doktorand/in unentgeltlich abzuliefern:
entweder
a) mindestens 30 Exemplare, jeweils in Buch- oder Photodruck zum Zwecke der Verbreitung oder
b) drei Exemplare, wenn die Veröffentlichung in einer Zeitschrift erfolgt ist
oder
c) drei Exemplare, wenn ein gewerblicher Verleger die Verbreitung über den Buchhandel übernimmt und eine Mindestauflage von 150 Exemplaren nachgewiesen wird und auf der Rückseite des Titelblatts die Veröffentlichung als Dissertation unter Angabe des Dissertationsorts ausgewiesen ist oder
d) drei Exemplare in kopierfähiger Maschinenschrift zusammen mit der Mutterkopie und 30 weiteren Kopien in Form von Mikrofiches.
(2) In den Fällen a) und d) überträgt der/die Doktorand/in der Hochschule das Recht, weitere Kopien von der Dissertation herzustellen und zu verbreiten…
(4) Der/die Doktorand/in ist verpflichtet, spätestens ein Jahr nach der Disputation (mündliche Prüfung) die Veröffentlichung gemäß Abs. 1 vorzunehmen. Wird die Frist schuldhaft versäumt, so erlöschen alle durch die Prüfung erworbenen Rechte und die Gebühren verfallen.«
Fragen:
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- Wie versteht die Hochschule den "Zweck der Verbreitung" des § 12 1a)? Sollte damit nicht auch die Einstellung in die Universitätsbibliothek und die Versorgung der Deutschen Nationalbibliothek gemeint sein?
- Wo sind die restlichen Stücke der 30 Pflichtexemplare verblieben?
- Wie wertet die Goethe-Universität die 1997 von der Kultusministerkonferenz veröffentlichten "Grundsätze für die Veröffentlichung von Dissertationen", die vorschreiben:
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»Der Doktorand ist verpflichtet, eine wissenschaftliche Arbeit (Dissertation) schriftlich anzufertigen und das Ergebnis in angemessener Weise der wissenschaftlichen Öffentlichkeit durch Vervielfältigung und Verbreitung zugänglich zu machen.«?
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- Wie wertet die Goethe Universität diese Vorschrift der Deutschen Nationalbibliothek:
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»Online-Veröffentlichungen müssen grundsätzlich an uns abgeliefert werden. Erscheint eine Hochschulschrift mit identischem Inhalt auch in körperlicher Form, nehmen wir nur die Online-Ausgabe in unsere Sammlungen auf. Wird sie mit abweichendem Inhalt oder ausschließlich in körperlicher Form verbreitet, sind davon zwei Pflichtexemplare abzuliefern. Die Auflagenhöhe ist dabei unerheblich.«
(3) Die drei Zeitschriftenaufsätze
Aussage der Goethe-Universität:
»Die Dissertation, die Ende 2001 als Monografie fertiggestellt wurde und am 6. Februar 2002 mit dem Gesuch zur Zulassung zur Doktorprüfung als Monografie im Dekanat eingereicht wurde, datiert auf das Jahr 2001. Die Arbeit basiert auf drei zuvor (2000 sowie 2001) in Fachmagazinen veröffentlichten Zeitschriftenartikeln…
Diese Beiträge waren seit Veröffentlichungsdatum ununterbrochen in öffentlichen Bibliotheken frei verfügbar. Die zur Zulassung eingereichten Exemplare der Dissertation waren als Korrekturexemplare ausschließlich für die Gutachter bestimmt und unterlagen nicht der archivalischen Dokumentationspflicht.«
Fragen:
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- Aus welcher Bestimmung der Promotionsordnung liest die Hochschule die Möglichkeit, "Exemplare der Dissertation als Korrekturexemplare ausschließlich für die Gutachter" zu verwenden?
- Sieht die Hochschule den Umstand als gegeben an, daß gemäß Promotionsordnung die "Veröffentlichung in einer Zeitschrift erfolgt ist"?
- Warum war keiner der genannten Aufsätze im Katalog der Universitätsbibliothek verzeichnet?
- Wie erklärt die Hochschule, daß die genannten drei Zeitschriftenartikel in der "Ehrenwörtlichen Erklärung" von Herrn Drosten, die in der Promotionsordnung "Schriftliche Erklärung" heißt, nicht erscheinen, wenn die Promotionsordnung ausdrücklich diesen Hinweis vorsieht:
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»Die vorliegende Arbeit wurde (wird) in folgendem Publikationsorgan veröffentlicht: .….….….….….…«?
(4) Die Begutachtung
Aussage der Goethe-Universität:
»Die ebenso unberechtigt skandalisierte Verfahrensdauer resultiert ausschließlich aus der korrekten Durchführung des Verfahrens: Da die Erst- und Zweitgutachter jeweils für die bestmögliche Bewertung "summa cum laude" plädierten, wurde – den gültigen Standards entsprechend – ein drittes Gutachten angefordert. Der zusätzliche Begutachtungsprozess nahm mehrere Monate in Anspruch, ebenso die danach noch erforderliche, ordnungsgemäße Herbeiführung eines einstimmigen Beschlusses des Fachbereichsrates zur Bestätigung dieser Bewertung.«
Bestimmung der Promotionsordnung:
»§ 11
Entscheidung über die Promotionsleistung
(1) Die Prüfungskommission entscheidet auf der Grundlage der Bewertung der Dissertation und der Disputation, ob und mit welcher Gesamtnote der/die Doktorand/in zu promovieren ist. Für die Promotionsleistung wird eine Gesamtnote gebildet. Die Note für die Dissertation wird auf der Grundlage der Gutachten als arithmetisches Mittel festgelegt (Teilnote 1).«
Fragen:
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- Wieso war die Einigkeit der beiden Gutachter ein Anlaß, ein drittes Gutachten anzufordern?
- Auf welche "gültige Standards" bezieht sich die Hochschule hier?
- Was ist die rechtliche Grundlage dafür, daß ein Fachbereichsrat einstimmig über die Bewertung der in der Promotionsordnung dafür vorgesehenen Prüfungskommission abzustimmen hat?
- War es gängige Praxis an der Goethe-Universität, daß zwischen Einreichung einer Dissertation und mündlicher Prüfung mehr als ein Jahr lagen?
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(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)
Vielen Dank für Ihre kritische Analyse! Wie es scheint, reitet sich die Uni immer tiefer rein..
Oh ja, vielen Dank! Andere, wie z. B. ehrenwerte Plagiatsgutachter, hätten sich längst mit den sich selbst widersprechenden, scheinbar herbei phantasierten tollkünen Behauptungen und Geschichten – eigentlich sollte man diese als Märchen bezeichnen können – zufrieden gegeben… des Geschäftes wegen, um dass es den meisten ja auch noch selbst zugegeben geht.
Danke!
um Gottes Willen, habt ihr Probleme! Ein über 1000 Worte Beitrag über nichts. Jeder, der schon mal selbst eine Dissertation, Masterarbeit, Habil o.ä. abgegeben hat, sieht auf den ersten Blick, dass die ganze Geschichte Business as usual war. Dokumentiert wird durch euch nur der wahnhafte Zwang C. Drosten ans Bein zu pinkeln , erbärmlich!!!
Entschuldigung, ich habe schon mal eine Dissertation erfolgreich abgegeben, im Jahre 2006. Es stimmt schon, dass die Promotionsordnungen nicht immer sklavisch befolgt werden, aber ein paar Grundpfeiler sollten niemals wackeln. Einer ist die Veröffentlichung. Es stimmt, dass die Deutsche Nationalbibliothek hinter allen Dokumenten her ist. Ich hatte eine Studentenzeitschrift, eine Vorabdruckreihe für ein DFG-Schwerpunktprogramm und natürlich meine eigene Dissertation zu verantworten und ich schwöre, dass die Nationalbibliothek hinter all diesen Dokumenten stets her ist. Man kann da nichts vergessen, abzuliefern. Meine Dissertation habe ich bei der Nationalbibliothek elektronisch eingereicht und dafür eine ewig gültige Adresse (URN) bekommen.
Was für ein Quatsch: "…und ich schwöre, dass die Nationalbibliothek hinter all diesen Dokumenten stets her ist." Nein, ist sie nicht. Sonst hätten sowohl meine wie auch die Dissertationen meinen Kolleg*innen dort elektronisch abgeliefert werden müssen. Das müssen sie nicht.
30 Exemplare ist natürlich auch großer Blödsinn – die Diss ist auf Zeitschriftenaufsätzen aufgebaut, die bereits veröffentlicht waren. Absolut übliches Prozedere in der Medizin.
Und zuletzt: Der dritte Gutachter. Da bei summa cum laude Wert gelegt wird auf eine möglichst objektive Begutachtung, und damit Gutachter sich nicht untereinander absprechen, ist ein solcher dritter Gutachter in zahlreichen Promotionsordnungen vorgesehen. Auch hier: absolut üblich.
Ihr seid dieselbe Blase, die sich über das Gendern aufregt und fragt, ob es nicht wichtigere Probleme gebe. Die Frage würde ich bzgl der Drosten-Diss dann doch sehr gerne mal zurückgeben. Hier wird ja der Eindruck erweckt, ohne Doktortitel Drosten hätte es die ganze Pandemie nicht gegeben bzw. der Mann hätte Frau Merkel ins Kanzleramt per Direktverbindung Aufträge zur politischen Gestaltung der Maßnahmen erteilt. Sucht euch doch vielleicht mal ein produktiveres Hobby, wie wär`s? Schönes Wetter draußen, Gartenarbeit soll ganz wunderbar entspannen.
@Anna: Warum so aufgeregt? Quatsch, Blödsinn, Blase…, bloß weil so langsam der Boden unter den Füßen ins Rutschen kommt?
Juristisch gesehen spielt es keine Rolle, was Du heute für "absolut üblich" hältst, sondern einzig, was rechtlich damals vorgeschrieben war. Absolut üblich fanden übrigens auch die Hochschulen ihr Gebaren in den Fällen Giffey, Guttenberg, Schavan etc.
Es stimmt schon, Aufrüstung und Militarisierung gab es nicht, weil Guttenberg abgekupfert hatte. Die Panikmache um "die ganze Pandemie" hat mit der Doktorarbeit von Drosten genau so wenig zu tun. Hilfreich ist es allerdings immer, solche Figuren als Scharlatane entlarven zu können oder zumindest als solche, für die Recht und Gesetz eher nachrangig sind.
Du glaubst gar nicht, wie produktiv und entspannend es sein kann, den Herrschenden auf die Schliche zu kommen. Wobei Gartenarbeit sicherlich besser ist, als vor der Mattscheibe zu sitzen und sich die Regierungspropaganda ins Hirn blasen zu lassen. Wo wir gerade dabei sind, was ist eigentlich das Ziel Deiner Verteidigungsschrift? Vermutlich schon die Sorge um das Fortbestehen und die Begründung der Maßnahmen, oder? Ist gerade eine blöde Zeit, wenn nicht nur die Goethe-Uni gelogen hat, sondern die Funktionäre der Intensivmedizin auch ganz schön belämmert dastehen… (Ich gendere hier nicht, weil es nur Männer waren, okay?)