Infektionskettenverfolgung – klappt sie?

"Es muss unser Ziel sein, jede Infektionskette ver­fol­gen zu kön­nen" befand Kanzlerin Merkel im April. Wie sieht es heu­te damit aus?

»Die Nachverfolgung der Corona-Infektionen ist für die Gesundheitsämter nach eige­nen Angaben der­zeit beherrsch­bar. "Im Moment ist die Lage ver­gleichs­wei­se ent­spannt", sag­te Markus Mempel vom Deutschen Landkreistag der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) beschei­nigt den Behörden aktu­ell ein gutes Management bei der Verfolgung von Kontaktpersonen.

"Die Gesundheitsämter ermit­teln zuver­läs­sig und zeit­nah und ver­an­las­sen die erfor­der­li­chen Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Erkrankung", sag­te die Verbandsvorsitzende Ute Teichert der dpa.«

schreibt heu­te die Apotheken-Umschau. Wie paßt das aber zu der dann fol­gen­den Feststellung

«Der Deutsche Landkreistag hat kei­ne Daten dazu, in wie vie­len Fällen die Gesundheitsämter Kontaktpersonen ermit­teln bezie­hungs­wei­se nicht ermit­teln können. …

Teichert warn­te: "Wenn die Infektionszahlen flä­chen­de­ckend wie­der anstei­gen, sind die Gesundheitsämter mit der aktu­el­len Personalausstattung nicht in der Lage die Kontaktpersonennachverfolgung kon­se­quent durchzuführen."

Forderung nach Konjunkturprogramm

Die Behörden lie­fen seit Wochen an der Belastungsgrenze. "Die Hilfestellung aus ande­ren Bereichen hat gehol­fen, kann aber die unzu­rei­chen­de Anzahl des fach­lich aus­ge­bil­de­ten Fachpersonals nicht wirk­lich kom­pen­sie­ren." Bund und Länder hat­ten im April ver­ein­bart, den öffent­li­chen Gesundheitsdiensten zusätz­li­che Personalkapazitäten zu schaf­fen, min­des­tens ein Team von 5 Personen pro 20 000 Einwohner.

Teichert zufol­ge bräuch­ten die Gesundheitsämter mehr Fachärzte für das öffent­li­che Gesundheitswesen sowie mehr Fachkräfte im Infektionsschutz. Sie for­dert ein Konjunkturprogramm für den öffent­li­chen Gesundheitsdienst. Ihr Verband sieht auch jetzt in Zeiten nied­ri­ger Infektionszahlen noch Verbesserungsbedarf bei der Nachverfolgung. "Insbesondere in Ballungszentren sehen wir Infektionen, ohne dass der Ursprung geklärt wer­den kann."«

Der Artikel erschien gleich­lau­tend im Ärzteblatt und in vie­len ande­ren Medien.

Merkwürdiges aus dem Saarland

»Die Gesundheitsämter im Saarland kön­nen nach eige­nen Angaben der­zeit zumeist pro­blem­los die Infektionsketten bei Covid-19-Erkrankungen nach­ver­fol­gen. Das ergab eine Anfrage des SR bei allen Landkreisen und dem Regionalverband…

49 Infizierte und 136 Kontaktpersonen wer­den der­zeit von den sechs Gesundheitsämtern betreut. Für alle wird wei­ter­hin eine zwei­wö­chi­ge Quarantäne angeordnet. 

Ausnahmen wür­den ledig­lich in Einzelfällen bei Personen aus sys­tem­re­le­van­ten medi­zi­ni­schen Bereichen gemacht. Alle Gesundheitsämter geben an, der­zeit über aus­rei­chend Personal zu verfügen.«

Es klappt also "meist". Infizierte wer­den aus der Quarantäne aus­ge­nom­men, wenn sie im medi­zi­ni­schen Bereich arbei­ten??? Geht's noch?

Zu die­ser Wirrnis pas­send die heu­ti­ge Mitteilung des RKI: