Zur Zeit überschlagen sich die Stellungnahmen unserer "guten" Politiker gegen den "bösen" Donald Trump. Jenseits des Umstands, daß eine Kürzung der Mittel an die Weltgesundheitsorganisation verbrecherisch ist, bleibt doch die Frage, wie ernst diese Worte zu nehmen sind.
Die Hilfsorganisation medico international hat dazu am 15.4. unter anderem festgestellt:
"1. Die ungesicherte Finanzierung der WHO gefährdet ihre Eigenständigkeit
Die WHO steht mit mehr als 7.000 MitarbeiterInnen in 150 Länderbüros, sechs Regionalbüros in vier Kontinenten, einem Hauptquartier in Genf und sechs offiziellen Sprachen, auf tönernen Füßen. Ihr Jahresbudget ist mit aktuell etwas mehr als 2,5 Mrd. USD kaum größer als das des Genfer Universitätshospitals. Die regelmäßigen Mitgliedsbeiträge der 191 Staaten, die die finanzielle Selbständigkeit der WHO sichern sollen, machen davon allerdings nur 20 Prozent dieses Budgets aus, mehr als Dreiviertel sind thematisch und projektgebundene Mittel.
Aufgrund ihrer ungesicherten Finanzierung gerät die WHO mehr und mehr in die Abhängigkeit von freiwilligen Zuwendungen. Diese sind immer an einzelne Themen und Programme gebunden. Die Krux: Über deren Gewichtung entscheidet nicht mehr die WHO, sondern der jeweilige Geldgeber – und das sichert deren Einfluss und untergräbt die Glaubwürdigkeit und Kohärenz der Organisation. Unter diesen Bedingungen ist eine angemessene Antwort auf die großen gesundheitlichen Herausforderungen nicht möglich.
Wie dramatisch die Unterfinanzierung ist, wurde auch in der aktuellen Covid19 Krise deutlich: ein nach der Ebola Epidemie 2014 eingerichteter Contingency Emergency Fund bei der WHO sollte mit 100 Mio Dollar regelmäßig gefüllt sein, um rasch handlungsfähig zu sein, daraus konnten in der aktuellen Krise aber nur 9 Mio. Dollar mobilisiert werden[1]. Der von der WHO Anfang Februar zusätzlich ins Leben gerufene Covid 19 Solidarity Response Fund mit dem 675 Mio Dollar für die Unterstützung der WHO und der betroffenen Länder im globalen Süden eingesammelt werden sollten, hatte einen Monat später nur 1,2 Mio Dollar eingespielt, Anfang April waren immerhin gut 400 Mio Dollar eingetroffen. Verglichen mit den Milliarden, die von den hauptbetroffenen Ländern in Europa und den USA zur Stützung ihrer eigenen Unternehmen und Bürger*innen mobilisiert wurden, und auch den Versprechen der G20 Staaten, 5 Billionen Dollar für die Weltwirtschaft bereitzustellen, sind diese Summen vernachlässigbar klein…
2. Die Abhängigkeit der WHO führt zu einem strukturellen Interessenskonflikt
Mehr als von allen anderen externen Geldgebern hängt die WHO von der Bill & Melinda Gates Stiftung ab. Nach den USA ist sie der zweitgrößte Geldgeber. Diese Abhängigkeit prägt die Arbeit der WHO zunehmend. Die Gates Stiftung betrachtet Gesundheit mit einem medizinisch-technischen Blick. Dieser Ansatz untergräbt ein breites Verständnis von globaler Gesundheit, das soziale und politische Bedingungen mit berücksichtigt, darunter den Zugang zu sauberem Wasser, die Ausbildung von Fachpersonal die Vermeidung von Krankheiten durch falsche Ernährung und vieles mehr. Das von der WHO vereinbarte Rahmenabkommen FENSA (Framework for Engagement with Non State Actors) birgt die Gefahr, dass Unternehmen und Stiftungen ihren unzulässigen Einfluss ausbauen könnten. Die Gates Stiftung hat von der WHO inzwischen den Status "official relations" bekommen. Ihre Einflussnahme führt zu einem strukturellen Interessenskonflikt bei der WHO…
Die Mittel ihres wichtigsten Kooperationspartners, der Gates Stiftung, stammen auch aus Erträgen von Investitionen in jene globale Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, die maßgeblich zur weltweiten Ausbreitung von Diabetes, Fettleibigkeit und anderer nicht übertragbarer Krankheiten beitragen. Außerdem befürwortet die Gates Stiftung den Ausbau von industrieller Landwirtschaft und die Patentierung lebensnotweniger Medikamente, was weltweit die Gesundheitssituation verschlechtert. Geballtes Vermögen und Macht kaufen nicht nur Einfluss, sondern auch Zustimmung und Selbstzensur. Die WHO legitimiert ein Wirtschaftssystem, das Vermögen von unten nach oben verteilt, um dann Brosamen zur Behebung der Schäden zu verteilen."
(Hervorhebung nicht im Original)
Selbst die Bundesregierung bestätigte im März 2019:
"2.5. Finanzierung und Ausgaben der WHO Die WHO finanziert sich über feste Pflichtbeiträge ihrer Mitgliedstaaten sowie freiwillige Beitragsleistungen. Die Höhe der Pflichtbeiträge orientiert sich an dem Grad des Wohlstandes des Mitgliedstaates und seiner Bevölkerungszahl, wobei seit dem Jahr 1993 die Pflichtbeiträge eingefroren sind. Die Webseite der WHO gibt Auskunft darüber, welche einzelnen Pflichtbeiträge die Mitgliedstaaten leisten müssen und welche Zahlungen gegenwärtig noch ausstehen. Freiwillige Beiträge werden von u.a. von Staaten (zusätzlich zu den Pflichtbeiträgen) bereitgestellt sowie von privaten Stiftungen, internationalen Organisationen und Unternehmen gespendet.
Während in den 1970er Jahren noch etwa 80 Prozent des WHO-Haushaltes aus den Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten finanziert wurde und freiwillige Zuwendungen lediglich 20 Prozent ausmachten, hat sich heute dieses Verhältnis in etwa umgekehrt. Ein Großteil der freiwillig geleisteten Beiträge ist zweckgebunden oder an bestimmte Tätigkeitsfelder der WHO geknüpft, sodass die WHO in diesen Fällen über die Verwendung ihrer Mittel nur eingeschränkt entscheiden kann. Dies führt teilweise dazu, dass weniger Mittel für langfristig angelegte Projekte wie etwa die Unterstützung von nationalen Gesundheitssystemen zur Verfügung stehen, wohingegen bestimmte, für Geber augenscheinlich attraktivere, Programme regelmäßig gut finanziert sind…
3. Kritik Insbesondere der wachsende Einfluss von privaten Akteuren wie philanthropischen Stiftungen und öffentlich-privaten Partnerschaften (Public-Private-Partnerships, kurz: PPP) stößt auf Kritik in den Medien und der Zivilgesellschaft. Bemängelt wird unter anderem, dass sich die WHO durch den hohen Anteil von privat finanzierten Mitteln durch Geber wie die „Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung“ oder die „Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung“ (Global Alliance für Vaccines and Immunizations, kurz: GAVI) finanziell abhängig mache. Durch die Zweckgebundenheit der Mittel würden damit häufig vorrangig solche Projekte gefördert, die schnell messbare Erfolge versprächen, während andere Bereiche ins Hintertreffen gerieten.
Kritiker mahnen zudem an, dass die WHO durch eine Zusammenarbeit mit privaten Geldgebern in Interessenkonflikte gelangen könne. So könnten Unternehmen aus der Pharma- oder Lebensmittelbranche unmittelbar über eine Zusammenarbeit mit den WHO-Gremien Einfluss auf die Aktivitäten der WHO ausüben. Zu beachten seien daneben die mittelbaren Einflussmöglichkeiten auf die Aktivitäten der WHO, die sich daraus ergäben, dass etwa die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung Beteiligungen an Konzernen aus der Pharma- und Lebensmittelindustrie halte…"